
Mit dem DIY-Dachzelt durch Kanada
Ich bin Moritz und meine Dachzelterfahrung summierte sich bis zum Sommer 2019 auf null. Ich bin also ein absoluter Dachzelt-Neuling. Dennoch hatte ich schon seit einiger Zeit die Idee, ein Dachzelt auszuprobieren und mit dem Dachzelt durch Kanada zu reisen. So kam ich über einige Umwege auf die Idee, mir ein DIY-Dachzelt zu bauen. Dieser Erfahrungsbericht soll euch zeigen, wie es von der Idee zur Umsetzung kam.
Übrigens: Weitere Informationen zu meinem Dachzelt und meinem Setup findet ihr auf meiner Homepage (Links am Ende des Artikels).
Die Liebe zum Camping
Meine Liebe zum Camping wurde mir schon in die Wiege gelegt, bereits vor meiner Geburt erlebten meine Eltern ihre größten Campingabenteuer in Afrika zwischen Löwen und Elefanten. Nach meiner Geburt bevorzugten sie den Urlaub eher mit einem richtigen Dach über dem Kopf.
Als ich dann etwas älter war, gab es die ein oder andere Gelegenheit zum richtigen Zelten. Mal mit dem Fahrrad, mal zünftig nur mit Plane und Schlafsack in die Berge. Leider ist das in Deutschland und generell auch in Europa mit dem wilden Campen immer etwas problematisch, ganz zu schweigen vom Feuer machen. So kommt es nicht von ungefähr, dass es mich inzwischen dort hin verschlagen hat, wo man noch völlig unberührte Natur erleben kann, ganz ohne Restriktionen: nach Kanada.
Viele werden jetzt sicher gleich an die Rocky Mountains denken, durch meinen Job bin ich aber in Ontario, genauer Toronto gelandet. Der höchste Berg, oder sollte man eher Hügel sagen, ist keine 700 m ü.NN. Was es hier aber gibt, sind fantastische Seenlandschaften, die man mit dem Kanu befahren kann. Das ist quasi ein unendliches Meer an kleinen Seen und Flüssen und je nachdem wo es einen hin verschlägt, wird man keiner einzigen Menschenseele begegnen.
Die Idee ein DIY-Dachzelt selbst zu bauen
Meine Idee ein Dachzelt auszuprobieren, datiert bereits auf den Sommer 2018, als ich einen Trip mit Dachzelt durch Kanada an die Ostküste unternehmen wollte. Um nicht gleich in den sauren Apfel beißen zu müssen ein eigenes Dachzelt zu finanzieren, habe ich mich auf die Suche nach Verleihern gemacht und bin fündig geworden. Leider waren zum Abreisetag meine Dachträger immer noch nicht eingetroffen und so musste ich nochmal konventionell losziehen.
Für etwa 10 Tage war ich unterwegs: von Toronto über Montreal, Quebec City und schließlich St. John in New Brunswick. Dort habe ich dann einige Tage in der Bay of Fundy verbracht.
Der Rückweg ging dann durch die USA, mit einem Zwischenstopp in den White Mountains und einer kleinen Bergtour auf den Mount Adams. Die meiste Zeit habe ich auf offiziellem Crown Land gecampt. Das ist Land, welches der Krone (also dem Staat) gehört und es ist dort offiziell möglich zu nächtigen.
Kanada ist auch Bear Country, das sollte man immer im Hinterkopf behalten, wenn man sich in der Natur aufhält. Besonders beim Campen ist es wichtig, den Campingplatz sauber zu halten und das Essen bärensicher zu verstauen. Beim Car-Camping ist das recht einfach im Auto möglich, ist man zu Fuß oder mit dem Kanu unterwegs, hängt man den Proviant in die Bäume. Natürlich möglichst weit weg von der eigenen Schlafstelle und ebenfalls möglichst weit weg vom Stamm des Baumes, denn Bären können sehr gut klettern.

Wenn man es nicht ganz so weit ab der Zivilisation wünscht, dann gibt es hier ebenfalls wunderschöne Campingplätze. Durch die Weitläufigkeit gibt es kein Gedränge und man muss nicht fürchten den ganzen Tag das Radio des Nachbarn zu hören. Und schließlich, wenn man es dann doch abgeschieden, aber trotzdem mit dem Komfort des Car-Campings wünscht, dann gibt es eine große Anzahl von Dirt-Roads und Log-Tracks, die einen – ein einigermaßen geländegängiges Fahrzeug vorausgesetzt – an tolle und abgelegene Orte führen können.
Da ich alleine unterwegs war, habe ich es vorgezogen im Auto zu schlafen – auch wegen der Bären. Das ging insgesamt sehr gut, da ich mit umgeklapptem Rücksitz voll ausgestreckt liegen konnte. Wirklich bequem war es wegen dem kleinen Spalt zwischen Kofferraum und Rücksitz und der leichten Neigung der Rücksitzbank leider nicht.
Nach diesem Trip stand deshalb für mich fest, dass ich ein Dachzelt wollte. Allein die Vorstellung einer richtigen Matratze war schon Grund genug. Jetzt wirst du vielleicht denken: “Dann schmeiß doch einfach die Matratze in den Kofferraum”. Ich schleppe auf diesen langen Roadtrips eine ganze Menge Zeug mit, um autark zu sein. Somit wäre eine Matratze im Auto für mich wahrscheinlich eher nur im Weg, also kommt sie obendrauf ins Dachzelt.
Von der Idee zur Umsetzung des DIY-Dachzelts
Nach dieser doch etwas längeren Einführung über das “warum”, folgt jetzt das “wie”:
Ein Dachzelt von der Stange zu kaufen, wollte ich mir nicht leisten. Also ging es ans virtuelle Reißbrett und ich erstellte ein kleines CAD-Modell, von dem, was ich in den nächsten Wochen als DIY-Dachzelt basteln wollte. Es sollte auf jeden Fall ein Clamshell-Design – also ein dreieckig öffnendes Hartschalenzelt – werden. Denn das ist mechanisch am einfachsten und gleichzeitig am stabilsten.
Die ursprüngliche Idee war ein Holzgerüst zu bauen, dieses mit Leinenstoff und im Flugzeugbau verwendeten Spannlack zu bespannen. Das würde das DIY-Dachzelt wesentlich leichter machen, als viele der kommerziell vertriebenen Dachzelte. Da aber auch mal ein Ast dagegen schlagen könnte, müsste die Bespannung irgendwie verstärkt werden.
Der nächste Gedanke war dann Glasfasergewebe mit Epoxidharz zu verwenden und auf den Leinenstoff zu laminieren. Da dies aber eigentlich den ganzen Aufwand mit dem Spannlack überflüssig machen würde, habe ich mich schließlich zu einer Sandwichbauweise mit einem Holzrahmen, Polystyrolplatten zwischen den Holmen und ein paar Lagen Glasfasergewebe darauf entschieden.
Das macht das DIY-Dachzelt immer noch sehr leicht, aber gleichzeitig robust gegenüber äußeren Einflüssen, wie Hagel, Ästen usw.. Mit dem Polystyrol erhält man außerdem gute Dämmeigenschaften, was besonders bei kalter Witterung sehr angenehm ist. Beim Umziehen im herkömmlichen Dachzelt zieht es mir jedes Mal kalt in den Rücken. Im Dachzelt merke ich jedoch deutlich, wie meine eigene Wärme reflektiert wird. Natürlich ist es andersrum recht schnell sehr warm in dem Dachzelt, wenn die Sonne auf die nicht isolierten Planen an der Seite scheint.
Der Bau des Holzrahmens war schnell erledigt, ebenfalls die Bodenwanne war keine große Herausforderung. Für die Haube bin ich dann letztlich doch von meinem CAD-Modell abgewichen, da das zu aufwändig geworden wäre.
Einzig die Grundmaße von 190cm x 120cm und somit die Wanne am Boden, habe ich übernommen. Das Einpassen der Polystyrolplatten ging ebenfalls leicht von der Hand, da ich bereits beim Konstruieren darauf geachtet habe, möglichst gerade Flächen zu realisieren. Alle Schrägen konnten dann mit dreieckigen oder trapezförmigen Stücken ausgefüllt werden.
Die richtige Arbeit war dann das eigentliche Laminieren der Glasfaser. Da ich hier auf gutes Wetter angewiesen war, (ich konnte das nur draußen machen) hat sich das auch eine ganze Weile hingezogen. Auch war dies mein Erstlingswerk mit Glasfaser (mal von ein wenig Modellbau abgesehen), sodass es etwas uneben geworden ist.
Hier hätte noch gewissenhafteres Abschleifen eine deutlich schönere Oberfläche ergeben. Dennoch bin ich vollends zufrieden, denn was Gewicht und Stabilität angeht, ist es genau so geworden, wie ich es mir erhofft hatte.
Das Zuschneiden und Nähen der Plane ist einfach eine Fleißaufgabe. Viel einpassen und messen, aber alles in allem gut zu bewerkstelligen. Da ich mir den Aufwand sparen wollte seitliche Fenster regendicht zu bekommen, hat das DIY-Dachzelt nur eine große Luke am hinteren Ende.
Ein wenig Elektrik ist auch hinein gekommen: Ein LED-Strip unter der Haube bringt Licht ins Dunkle, eine Ladebuchse fürs Handy oder andere Geräte lässt die Elektronik über Nacht laden (wenn es euch interessiert, ich habe zur Campingstromversorung ebenfalls einen Artikel auf meiner Homepage veröffentlicht).
Alles in allem hat der Bau dann doch von Mai bis Ende Juli gedauert, aber es hat sich voll und ganz gelohnt!
Der erste Trip mit dem DIY-Dachzelt
Die Jungfernfahrt ging gleich mit dem DIY-Dachzelt durch Kanada nochmal an die Ostküste, dieses Mal aber etwas weiter: Halifax, den Cabot Trail auf der Cape Breton Island, nochmal ein paar Tage in New Brunswick und ebenfalls zurück über die USA mit Zwischenstopp am Rogers Lake für eine kleine Klettertour.
Auf der Fahrt nach Halifax geriet ich in einen heftigen Wolkenbruch und ich hatte Befürchtungen, dass sich die Wassermassen doch irgendwie einen Weg ins Dachzelt suchen könnten. Als ich angekommen war und sich das Wetter glücklicherweise wieder beruhigt hatte, konnte ich einen kurzen Blick unter die Haube werfen und zum Glück alles trocken vorfinden.
Nicht nur war dieser Trip gleich der allererste ohne das DIY-Dachzelt vorher getestet zu haben, auch konnte mich meine Partnerin begleiten, sodass das Dachzelt also gleich doppelt belegt war. Die Größe ist gerade richtig, wenn man es kuschelig mag. Es bietet genug Platz, sogar wenn wir beide uns im Dachzelt befinden und uns zum Schlafen umziehen. Der Komfort ist erwartungsgemäß hervorragend. Wichtig ist natürlich, dass man einen ebenen Standplatz findet. Anschließend ist man weit weg von allem, was da so am Boden kreucht und fleucht.
Apropos kreuchen und fleuchen: In der Bucht auf dem ersten Foto (leider war es etwas neblig am Morgen) hatten wir eine unglaubliche Aussicht. Nicht nur auf das Meer, sondern auch auf die Wiese hinter dem Auto, auf der hunderte Leuchtkäfer ihre Lightshow zum Besten gaben. Spannend waren auch die Gezeiten, die in der Bay of Fundy zu den Höchsten weltweit gehören. Während des Tagesrhythmus stieg und fiel das Wasser um gute 6 m. Bei entsprechendem Wind werden aber auch schon 15 m gemessen.
Zurück zu den weiteren Annehmlichkeiten des DIY-Dachzelt: Das fest installierte Licht mit Dimmfunktion ist super praktisch. Es lässt sich dunkel genug einstellen, sodass man nicht gleich geblendet wird. Da es im Deckel verbaut ist, hängt auch nichts im Weg.
Der Strom wird über eine Zusatzbatterie bezogen. Diese kann entweder unter der Fahrt von der Lichtmaschine geladen werden oder wenn das Auto steht, über eine kleine Solarzelle mit 50 W. Diese hängt einfach über ein Verlängerungskabel an meiner Energiezentrale im Kofferraum.
Die weiteren Fotos zeigen das DIY-Dachzelt noch am Strand auf dem Weg zurück von Cape Breton nach New Brunswick . Und schließlich noch unsere letzte Nacht am Lake Ontario, bevor es wieder zurück nach Toronto ging.
Lustig war definitiv der Grenzübergang in die Staaten. Der Grenzpolizist hat sein übliches Programm abgespult, bis sein Blick auf das grüne Etwas auf dem Dach gefallen ist. Man konnte ein kurzes Zögern erkennen, ob er vielleicht doch mal fragen soll, was denn da drin ist. Er hat sich dann aber entschieden keine weiteren Anstalten zu machen und uns passieren zu lassen.
Ähnlich sah es dann auch wieder an der kanadischen Grenze aus. Hier wollte die Polizistin zumindest wissen, um was es sich denn bei dem Ding handelt. Die Antwort „Rooftop tent“ hat sie aber dann ebenfalls zufrieden gestellt.
Und nach dem ersten Trip?
Inzwischen haben wir weitere Trips mit dem DIY-Dachzelt durch Kanada gemacht. Auf einem Kletterfestival in der Nähe von Toronto war es sehr windig und hier haben wir die erste Schwachstelle identifiziert. Das Vordach flattert ganz hervorragend im Wind und macht es schwer Schlaf zu finden.
Irgendwann in den Morgenstunden habe ich es dann einfach zu einem großen Knoten verschlungen und es war Ruhe. Wäre es regnerisch gewesen, hätte das nicht so einfach funktioniert. Hier muss als noch nachgebessert werden. Wahrscheinlich werde ich einen kleinen Rahmen basteln über den die Plane dann gespannt werden kann.
Auf einem weiteren Klettertrip nach Kentucky war die Luft in der Nacht sehr feucht. Wir hatten einen Haufen Kondenswasser an der Innenseite der Planen. Hier galt es also alles gut trocken zu wischen bevor wir das Dachzelt zusammenfalten konnten. Als wir zu Hause ankamen stellten wir erfreut fest, dass der Fahrtwind auf dem Heimweg das Zelt freundlicherweise getrocknet hat. So darf eine lange Reise enden!
Damit hoffe ich, dass euch dieser Erfahrungsbericht gefallen hat. Wenn ihr genaueres zum Bau des DIY-Dachzeltes erfahren wollt, schaut auf meiner Homepage in das Build-Log. Dort habe ich auch weitere Artikel rund ums Camping, z.B. meine Wasserversorgung für unterwegs und die Stromversorgung.
Es grüßt aus dem winterlichen Toronto euer Moritz.